Description:
Internationale Direktinvestitionen sind zum wichtigsten Motor der Globalisierung geworden. Während sich die westdeutschen Exporte seit 1980 etwa verdoppelten, stiegen die ausländischen Direktinvestitionsbestände deutscher Unternehmen im gleichen Zeitraum auf das Vierfache an. Die Zahl der Beschäftigten in ausländischen Industrieunternehmen mit deutscher Beteiligung liegt derzeit bei 1,7 Millionen; das entspricht mehr als 20 vH der inländischen Industriebeschäftigung. Das primäre Ziel von Direktinvestitionen liegt in der Ausnutzung unternehmensspezifischer Größenvorteile auf ausländischen Absatzmärkten. Dementsprechend liegt das regionale Schwergewicht der deutschen Direktinvestitionen in Industrieländern und das sektorale Schwergewicht bei jenen Branchen, die überdurchschnittlich exportintensiv sind und auch im Inland über eine vergleichsweise starke Marktposition verfügen. Dazu zählen vor allem die Chemische Industrie, der Straßenfahrzeugbau und die Elektrotechnik. Das außerordentlich niedrige Niveau ausländischer Direktinvestitionen in Deutschland hat vielfältige Ursachen: Erstens dürften die im internationalen Vergleich stark gestiegenen Arbeitskosten viele Auslandsunternehmen dazu veranlaßt haben, ihre Brückenköpfe zur Erschließung der europäischen Absatzmärkte in anderen EU-Ländern zu errichten. Zweitens wird der Erwerb deutscher Unternehmensbeteiligungen durch den niedrigen Börsenkapitalisierungsgrad und die traditionell einflußreiche Rolle der Hausbanken bei der Unternehmensfinanzierung erschwert. Und drittens behindert die hohe Regulierungsdichte im deutschen Dienstleistungssektor das Investitionsengagement ausländischer Unternehmen gerade in jenen Branchen, die eigentlich das größte Potential für einfließende Direktinvestitionsströme bieten. Der Saldo der Direktinvestitionen stellt für sich genommen keinen verläßlichen Indikator für die Standortqualität eines Landes dar. So weisen für die achtziger und frühen neunziger Jahre neben Deutschland zahlreiche andere EU-Länder (darunter auch Großbritannien) ein Defizit in der Direktinvestitionsbilanz aus, ohne daß all diesen Ländern eine pauschale Standortschwäche bescheinigt werden müßte. Auch in Japan ist das Defizit in der Direktinvestitionsbilanz nicht erst mit der Wirtschaftskrise der neunziger Jahre aufgetreten, sondern war auch schon in den wachstumsstarken Jahrzehnten zuvor zu verzeichnen, während die Vereinigten Staaten sowohl in wachstumsstarken als auch in wachstumsschwachen Perioden traditionell einen Überschuß bei den ausländischen Direktinvestitionen im Inland aufweisen. Wie attraktiv ein Land für international mobile Kapitalanleger ist, kommt besser in den gesamten Pro-Kopf-Investitionen zum Ausdruck. Nach diesem Indikator hat sich die Position Westdeutschlands gegenüber anderen Industrieländern längerfristig kaum verändert. Insgesamt tragen sowohl die deutschen Direktinvestitionen im Ausland als auch die ausländischen Direktinvestitionen im Inland maßgeblich zur Vertiefung der internationalen Arbeitsteilung bei. Sie verschärfen zwar den Anpassungsdruck im weltweiten Strukturwandel, bieten aber auch die Chance, Wachstum und Wohlstand durch „gains from globalization" zu steigern.