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Die Bilanz der bisher erreichten Fortschritte bei der Bekämpfung der weltweiten Armut fällt ernüchternd aus. Zwar haben einige Staaten, insbesondere in Asien, den Einkommensrückstand zu den Industrieländern im Zuge der Globalisierung vermindert. Dazu gehören die bevölkerungsreichen Staaten China und Indien. Viele andere Entwicklungsländer sind wirtschaftlich aber weiter zurückgefallen. Besonders kritisch ist die Lage in Afrika südlich der Sahara: Dort verharrt der Anteil der Bevölkerung, der von weniger als einem Dollar pro Tag leben muss, bei fast 50 Prozent. Vor diesem Hintergrund wird vor allem von Globalisierungskritikern eine Strategie verlangt, die sich unmittelbar auf die besonders armen Bevölkerungsgruppen konzentriert, um das UN-Ziel einer Halbierung der absoluten Armut bis 2015 zu erreichen. Es verbietet sich jedoch, den Ansatz, Armut auf dem Umweg über gesamtwirtschaftliches Wachstum zu bekämpfen, leichtfertig zu verwerfen. Empirische Untersuchungen zeigen, dass eine Zunahme der Durchschnittseinkommen in aller Regel mit einer proportionalen Zunahme des Einkommens besonders armer Bevölkerungsgruppen einhergeht. Ohne Wachstum ist eine wirksame Armutsbekämpfung also kaum zu erreichen. Die pauschale Kritik, die gesamtwirtschaftlichen Stabilisierungs- und Strukturanpassungsprogramme von IWF und Weltbank gingen vor allem zu Lasten der Armen, ist nicht zu halten. Zwar sind die Reformprogramme häufig weniger wirksam geblieben als erhofft. Dies ist aber großenteils darauf zurückzuführen, dass wesentliche Reformen von den Entwicklungsländern nicht umgesetzt worden sind. Handelsliberalisierung, die typischerweise Bestandteil von Strukturanpassungsprogrammen ist, bietet längerfristig einen Ausweg aus der Armutssituation, weil sie die gesamtwirtschaftliche Entwicklung fördert. Von den kurzfristigen Anpassungslasten werden die Armen möglicherweise aber besonders stark betroffen, so dass die Einkommensverteilung zumindest zeitweilig ungleicher werden kann. Als Irrweg dürfte sich hingegen erweisen, ausländische Direktinvestitionen als probates Mittel im Kampf gegen die weltweite Armut anzupreisen. Positive Wachstumseffekte von Direktinvestitionen sind gerade dort ausgeblieben, wo sie am dringlichsten wären. Zudem spricht wenig dafür, dass arme Bevölkerungsgruppen von eventuellen Wachstumseffekten der Direktinvestitionen in besonderem Maße profitieren würden. Dagegen lassen sich verstärkte Investitionen im Bildungs- und Ausbildungswesen als besonders geeignete Strategie zur Armutsbekämpfung bezeichnen. Eine bessere Ausstattung mit Humankapital fördert nicht nur das gesamtwirtschaftliche Wachstum; ein höherer Bestand und eine gleichmäßigere Verteilung von Humankapital reduzieren zudem in der Regel die Einkommensungleichheit. Die Armen würden in erster Linie durch eine bessere Grundbildung begünstigt. Über Bildungsinvestitionen hinaus sind zielgruppenorientierte Maßnahmen wie die Vergabe von Eigentumsrechten und ein dadurch erleichterter Zugang zu Krediten geeignet, der armen Bevölkerung eine stärkere Teilhabe am Wachstumsprozess zu ermöglichen. Als Irrweg ist es dagegen anzusehen, wenn von Regierungen, die bereits im Bereich der allgemeinen Wachstumspolitik scheitern, ein sektor-, industrie- und regionalspezifisches Konzept der Armutsbekämpfung gefordert wird. Die Entwicklungshilfe könnte einen stärkeren Beitrag zur weltweiten Armutsbekämpfung leisten, wenn sie vorwiegend an arme Empfängerländer vergeben würde, die eine erfolgversprechende Wirtschaftspolitik verfolgen. Unterstützt werden sollten insbesondere Reformen, die von den Entwicklungsländern selbst initiiert worden sind. Regierungen in nicht reformbereiten Staaten sollten keine Entwicklungshilfe mehr erhalten.