Description:
Der Prozeß der europäischen Integration hat in den letzten Jahren ein vorher nicht gekanntes Tempo erreicht. Die Vollendung des Binnenmarktes führte in weiten Bereichen zu einer gegenseitigen Anerkennung oder Hamonisierung von variierenden Standards, Normen und Regulierungen zwischen den EUMitgliedsländern. Der Vertrag von Maastricht erweiterte die gemeinschaftlichen Kompetenzen in der Wirtschaftspolitik. Gleichzeitig fanden die ehemaligen EFTAMitglieder Schweden, Finnland und Österreich Aufnahme in der Europäischen Union; die mittel- und osteuropäischen Reformländer wollen ihnen so schnell wie möglich folgen. Vor allem das vernehmliche Klopfen der jungen Marktwirtschaften im Osten Europas an der Pforte zur Europäischen Union hat in der öffentlichen und wirtschaftspolitischen Diskussion eine Debatte über die Frage ausgelöst, ob nicht eine Erweiterung des Integrationsraumes um Länder, die in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung deutlich zurückliegen, im Widerspruch zur angestrebten Vertiefung der Gemeinschaftsbeziehungen steht. Diese Debatte hat durch die Verabschiedung der Agenda 2000 erheblich an wirtschaftspolitischer Relevanz verloren. Denn der EU-Ministerrat hat auf dem Gipfel in Berlin eindeutig erklärt, daß eine Vollmitgliedschaft Sloweniens, Estlands, Ungarns, Polens und der Tschechischen Republik in der EU in absehbarer Zeit als ein politisches Faktum anzusehen ist. Eine schrittweise Einbindung der jungen Marktwirtschaften im Osten Europas in die Europäische Union steht daher – so sinnvoll eine solche Strategie auch aus ökonomischer Sicht erscheinen mag – nicht mehr auf der politischen Agenda. Um so wichtiger erscheint es, daß die anstehende Osterweiterung der EU mit grundlegenden Reformen in der ?alten? EU 15 einhergeht. Mit der Agenda 2000 hat sich die EU-Kommission zum Ziel gesetzt, ein entsprechendes Reformpaket zu schnüren. Es mehren sich jedoch die wissenschaftlichen Stimmen, die dieses Reformprogramm aus ökonomischer Sicht für unzureichend halten. Das Ziel dieses Beitrags ist es daher, die Reformvorhaben der Agenda 2000 anhand eines ökonomischen Referenzsystems zu evaluieren und den verbleibenden (politischen) Reformbedarf abzuschätzen. Betrachtet werden mit der Gemeinsamen Agrarpolitik, der Struktur- und Kohäsionspolitik sowie den Entscheidungsmechanismen in der EU die Politikbereiche, die einen besonders hohen Reformbedarf im Zuge einer Osterweiterung aufweisen dürften.