Die politikwissenschaftlichen Bemühungen, das Blockadepotenzial des deutschen Föderalismus in der Gesetzgebungsstatistik nachzuweisen, waren bisher weitgehend erfolglos. So bleibt beispielsweise entgegen der landläufigen Meinung das endgültige Scheitern von Gesetzesentwürfen am Widerstand eines oppositionsdominierten Bundesrats die Ausnahme. In der Literatur ist damit der Einfluss des Bundesrats auf die Gesetzgebung bei gegenläufigen Mehrheiten zwischen Bundestag und Bundesrat weiterhin umstritten. Dieser Beitrag führt ein aus der "Judicial-Review"-Literatur entnommenes Modell gesetzgeberischer Autolimitation in die Debatte ein, das die Auswirkung der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat auf die strategische Interaktion von Regierung und Opposition und damit auf die Politikergebnisse modelliert. Die zentrale These des Autolimitations- oder Selbstbeschränkungsarguments ist, dass sich deutlich gegenläufige Mehrheiten zwischen Bundestag und Bundesrat im Regelfall nicht in einem offenen parteipolitischen Konflikt niederschlagen, sondern zu Kompromissen und zu erheblicher politischer Selbstbeschränkung der Regierung führen. Herrschen jedoch im Bundesrat knappe oder uneindeutige Mehrheitsverhältnisse, spekulieren sowohl die Regierung als auch die Opposition auf die Durchsetzung von weniger kompromissbereiten Positionen sowie auf eine Abstimmungsniederlage des politischen Gegners, so dass wir hier intensiven parteipolitischen Konflikt erwarten. Aus dem Modell ergeben sich eine Reihe von empirischen Implikationen, die mit Hilfe eines detaillierten Datensatzes zur deutschen Gesetzgebungstätigkeit zwischen 1976 und 2002 überprüft werden. Die Ergebnisse bestätigen im Wesentlichen die Autolimitationsthese und unterstreichen damit auch das erhebliche Blockadepotenzial des bundesdeutschen Föderalismus.
Efforts to verify legislative gridlock in German federalism by analyzing legislative statistics have been largely unsuccessful. For instance, contrary to popular opinion, the complete failure of a government initiative due to the veto of an opposition-dominated Bundesrat is actually quite a rare event. Thus, the legislative impact of Germany?s second chamber in situations of divided government remains disputed. Using a game-theoretic model drawn from the judicial review literature, this paper analyzes the impact of divided government on legislative bargaining and policy outcomes. The main conclusion of the model is that the mode of legislative bargaining and the federal government?s willingness to make moderate policy proposals heavily depend on the majority complexion in the Bundesrat. Contrary to previous assumptions, a strong majority in the Bundesrat for the Bundestag?s opposition party usually prompts the government to make moderate legislative policy proposals in anticipation of the opposition's veto-potential, rather than entering into strong, open party-political conflict. However, if the opposition?s majority in the Bundesrat is narrow, both government and opposition opt for less moderate policy positions, and legislation is characterized by intense party-political conflict. A number of hypotheses follow from the model which are tested using a detailed data set comprising all legislative activity in Germany between 1976 and 2002. The results confirm the importance of governments' "legislative autolimitation" and, hence, the substantial impact of federalism on German legislation.